13. Bergbaukalender 2006

Untertägige Tafeln im sächsischen Bergbau

Bergbaukalender 2006 - Titel

Rothschönberger Stolln [Rothschönberg]
Nachdem König Friedrich August II. von Sachsen 1854 durch einen Unfall ums Leben gekommen war, übernahm sein Bruder Johann (*1801 ✝1873) die Regentschaft. Auch er ließ es sich nicht nehmen, den Stollnbau des Rothschönberger Stollns in Augenschein zu nehmen. Hiervon zeugt eine große, eingesetzte Sandsteintafel. In Hinblick auf die Gestaltung entspricht diese weitgehend der Tafel, die an den Besuch seines Bruders 1851 erinnert (vgl. Bild Dezember).
Bergbaukalender 2006 - Vorsatzblatt

Vorsatzblatt mit Einleitungstext und Karte mit markierten Objekten UNESCO-Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krusnohorí

Untertägige Tafeln im sächsischen Bergbau

Der Bergbaukalender widmet sich 2006 den im Altbergbau des Erzgebirges relativ häufig und in großer Formenvielfalt anzutreffenden Zeichen, Symbolen, Inschriften und Tafeln. Diese wurden durch die Bergleute oder die Bergbeamten in den Grubenbauen angebracht, um wichtige Sachverhalte zu fixieren und um Information weiter zu geben. Festlegungen, welche aus rechtlichen oder technischen Gründen untertage nachvollziehbar dokumentiert werden mussten, waren Vermessungsergebnisse (Grubenfeldgrenzen, Grubenmittelpunkte, sonstige Basispunkte), die Grenzen von Stollenrevieren, die Stollengerechtigkeiten und deren Änderungen, die monatlichen Vortriebsleistungen der im Gedinge arbeitenden Häuer, der durch die Gruben innerhalb eines Jahres erreichte Stollen oder Streckenvortrieb, die Mutung untertage aufgefundener Erzgänge und die Namen dieser Erzgänge. Die hierfür verwendeten Zeichen, Symbole, Inschriften und Tafeln bezeichnete man früher allgemein als Stufen. Bei detaillierter Betrachtung kann in Markscheidestufen, Erbbereitenstufen, Stollenreviertafeln, Stollenverstufungen, Gedingezeichen, Quartalswinkel, Jahresstufen, Fund- und Gangtafeln unterschieden werden. Allen aufgezählten Stufentypen ist gemein, dass sie mit den rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Aspekten des Grubenbetriebes in Zusammenhang standen.

Neben diesen Stufen kommen im Altbergbau Inschriften vor, die an wichtige Ereignisse und Persönlichkeiten erinnern sollten. An die Fertigstellung eines Kunstgezeuges, eines wichtigen Stollenumbruches oder einer komplizierten Grubenmauerung können Bauzeittafeln erinnern. Der Durchschlagspunkt eines im Gegenortbetrieb aufgefahrenen Stollens wurde häufig durch eine Durchschlagsstufe oder -tafel, die das genaue Datum des Durchschlages enthalten kann, markiert. An die Besuche hochgestellter Personen auf den Bergwerken erinnern aufwendig gestaltete Inschriften und eingesetzte Tafeln. Weitere Ereignisse, die im Altbergbau Inschriften hinterlassen haben, waren Hochwasser, Unfälle oder der Beginn bzw das Ende einer Bergbautätigkeit. Inschriften und Tafeln diesen Typs werden Ereignistafeln genannt.

Stufen und Tafeln wurden auch angebracht, um technische Informationen, die keine bergrechtliche Bedeutung besaßen, zu übermitteln. In den Füllorten der Schächte brachte man Tafeln an, die den Namen des Schachtes, des angeschlossenen Stollens und Angaben zur Schachtteufe enthielten. Gangtafeln wurden durch die Angabe der Entfernung bis zum nächsten Schacht und durch Richtungspfeile erweitert.

Bereits im Hoch- und Spätmittelalter wurden Stufen in Form von einfach gestalteten, kleinen Symbolen in den Fels geschlagen. Im 16. Jahrhundert treten mit der stark zunehmenden Alphabetisierung der Bevölkerung zusätzlich Jahreszahlen, einzelne Buchstaben und Abkürzungen auf. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges und dem Ausbau des Direktionsprinzips wurden die Stufen und Inschriften aufgrund von Regulativen und sonstigen Anweisun­gen der Bergbehörde immer umfangreicher. In Hin­blick auf deren handwerkliche Gestaltung ist ein Trend zur Perfektionierung unübersehbar. Neben den Stufen und Inschriften, die man in den anstehen­den Fels schlug, kamen aufwendig gestaltete Tafeln auf, die von geübter Hand aus verschiedenen Mate­rialien (Sandstein, Gneis, Metall, Holz) übertage angefertigt und untertage an einem vorbereiteten Platz eingesetzt wurden. Der gestiegene Repräsentationsbedarf und das Verlangen, immer detailliertere Informationen übermitteln zu wollen, führte vereinzelt zu sehr großen Tafeln. Mit der Reformierung des Bergwesens, der Beseitigung des Direktionsprinzips und der Einführung des lnspektionsprinzips ab der Mitte des 19. Jh. nimmt der für Stufen und Inschriften getätigte Aufwand ab. Um Kosten zu sparen, kamen zunehmend bemalte, in selteneren Fällen aber auch geschnitzte Holztafeln in Gebrauch.

Die Untersuchung von Zeichen, Symbolen, Inschriften und Tafeln durch untertägige Dokumentationsarbeit und durch Quellenstudium ist ein spannendes Feld der montanhistorischen Forschung.

Bergbaukalender 2006 - Januar

Monat Januar
Junge Drei Brüder Stolln / Neuglücker Stolln [Lauta]
Der umfangreiche Bergbau im Kiesholz bei Lauta ist noch heute durch eine beeindruckende Halden- und Pingenlandschaft erlebbar. Untertage sind in den historischen Grubenräumen eingesetzte oder eingeschlagene Tafeln vorhanden. Während sich im Junge Drei Brüder Stolln auf engstem Raum verschiedene eingeschlagene Vier-Pfennig-Stufen finden, sind auf einem der tiefsten einkommenden Stolln, dem Neuglücker Stolln, auch Stufen aus dem 18. Jahrhundert vorhanden.
Bergbaukalender 2006 - Februar

Monat Februar
Tiefer Gideon Stolln [Großolbersdorf]
Zur Wasserlösung der Gruben im Kiesholz und bei Lauta wurden aus unterschiedlichen Tälern verschiedene Stolln angelegt. Ein tiefer Stolln war der Mitte des 16. Jh. begonnene Tiefe Gideon Stolln. Diese auch in späteren Bergbauperioden nochmals aufgenommene Anlage wurde mit den bedeutenden Gruben im Kiesholz nicht durchschlägig. Die eingeschlagene Jahreszahl bezieht sich auf die Frühphase des Stollnbetriebs.
Bergbaukalender 2006 - März

Monat März
Thelersberger Stolln [Brand-Erbisdorf]
Zum bedeutendsten Stalin des Freiberger Südreviers entwickelte sich vom 16. bis 19. Jahrhundert der mehr als 50 km lange Thelersberger Stolln. In ihm sind verschiedenste Tafeln und Inschriften aus allen Betriebszeiten vorhanden. Im Bild ist die noch original ausgelegte Hinweistafel auf zwei Erzgänge und den Kälbertanz Schacht zu sehen. In dem abgestuften Schacht fand sich in einem Füllort noch die originale hölzerne Sehachttafel.
Bergbaukalender 2006 - April

Monat April
Rothschönberger Stolln [Halsbrücke]
Auf dem Rothschönberger Stolln, im Feld der Grube Beihilfe Erbstolln, ereignete sich am 17. Februar 1883 ein tödlicher Unfall. Die Häuer J. K. Richter und H. M. Johne hatten beim Herstellen eines Bohrloches mittels einer Bohrmaschine Nitroglycerin zur Explosion gebracht. Es wurde vermutet, dass dieses in der vorangegangenen Schicht beim Besetzen der Bohrlöcher über Spalten in das Gestein gelangt war. Zum Andenken an die beiden verunglückten Kumpel wurde die abgebildete kleine Tafel in den Fels geschlagen.

Die Tafel auf dem größeren Bild befindet sich auf dem Rothschönberger Stolln, in unmittelbarer Nähe des in Halsbrücke gelegenen 7. Lichtloches, am Beginn eines in Richtung Beihilfe Erbstolln abgehenden Stollnflugels. Es handelt sich um eine Verstufungstafel. An diesem Punkt endete für die Grube Beihilfe der fiskalische, d. h. durch den Sächsischen Staat finanzierte Stollntrakt. Der weitere Vortrieb des Stalins in das Revier der Grube Beihilfe war Sache dieser Grube.
Bergbaukalender 2006 - Mai

Monat Mai
St. Briccius [Königswalde]
Das am Osthang des Pöhlbergs gelegene und in der zweiten Hälfte des 15. Jh. aufgenommene Bergwerk St. Briccius gehört zu den ältesten Gruben im Annaberger Revier. Ziel des Bergbaus waren vor allem silberhaltige Kupfererze. Im Bild ist ein mit Sekundärmineralien versintertes Gesenk sichtbar. Sehr zahlreich finden sich in den umfangreichen Grubenbauen Schneeberger Gedingezeichen des 15./16. Jh.
Bergbaukalender 2006 - Juni

Monat Juni
Tiefer Bünau Stolln [Zinnwald]
Der Bergbau auf Zinn-, Wolfram- und andere Erze im Gebiet von Zinnwald stand vor allem wegen seiner geringeren Erzförderung meist im Schatten des bekannten Altenberger Bergbaus. Die Hauptblütezeit des Zinnwalder Bergbaus war in der Zeit zwischen 1550 und 1600. Vom intensiven Bergbau haben sich bis heute noch umfangreiche Abbauhohlräume der Zinnwalder Flöze und große Weitungen erhalten. Das Bergbaugebiet Zinnwald wurde durch verschiedene Stolln entwässert. Eine zentrale Stellung kam dem seit der Mitte des 16. Jh. angesetzten Tiefen Bünau Stolln zu. Die eingeschlagene Jahresstufe verweist auf die Betriebsperiode im 18. Jh.
Bergbaukalender 2006 - Juli

Monat Juli
Alter/Tiefer Fürstenstolln [Conradsdorf]
Etwa 200 m östlich der Straßenbrücke zwischen Tuttendorf und Conradsdorf liegen die Mundlöcher des Hauptstollnumbruchs und des Tiefen Fürstenstollns. Der Fürstenstolln war bis zum Einkommen des Rothschönberger Stollns der Hauptentwässerungsstolln des Freiberger Reviers. Der untere Teil des Fürstenstollns verlor mit der Fertigstellung des Hauptstollnumbruchs 1850 seine Entwässerungsfunktion. Für die Tradition des Freiberger Bergbaus war das Mundloch eine wichtige Lokalität. Hier wurde 1851 die sogenannte Nullpunktgrotte eingerichtet. Hinter dem Gitter befindet sich eine große Sandsteintafel. Diese markierte den Höhennullpunkt für Vermessungsarbeiten und Schnittdarstellungen im historischen Freiberger Silbererzbergbau.
Bergbaukalender 2006 - August

Monat August
Perl Schacht [Niederpöbel]
In der Gegend um Niederpöbel und Sadisdorf wurde über Jahrhunderte umfangreicher Bergbau auf Zinn- und Kupfererze betrieben. Im Jahre 1854 schlossen sich sechs Gruben zum Pöbler Bergbauverein zusammen und beabsichtigten mit einem ab 1856 abgeteuften Hauptschacht den Aufschluss der Erzgänge in größere Tiefe. Zur Wasserhaltung wurde eine Kunstradstube angelegt und ein 9,2 m großes Kunstrad eingebaut. Die eingeschlagene Tafel bezieht sich auf die Fertigstellung des Kunstgezeuges.
Bergbaukalender 2006 - September

Monat September
St. Christoph [Breitenbrunn]
In der Umgebung von Schwarzenberg gab es zahlreiche Gruben die verschiedene Skarnerzlager abbauten. Sie bildeten die Grundlage für die Eisen- und Weißblechindustrie der Umgebung. Seit Mitte des 16. Jh. ist die bekannte Grube St. Christoph urkundlich belegt. Ziel des Bergbaus waren Zinn- und Eisenerze, Schwefel-, Arsen- und Kupferkies sowie die nach der Grube benannte schwarze Varität der Zinkblende (Christophit). Das abgebaute Skarnlager ist durch den St. Christoph Stolln aufgeschlossen. In diesem findet sich die Jahresstufe Quartal Trin. 1725. Die Erzrolle stammt aus der letzten Betriebsperiode dieser Grube im 20. Jh.
Bergbaukalender 2006 - Oktober

Monat Oktober
Thelersberger Stolln [Brand-Erbisdorf]
Die kunstvoll in den Fels geschlagene Gangtafel mit Lachterangabe befindet sich auf dem Thelerberger Stolln am Kreuz des Wegweiser Stehenden mit dem Dornensträucher Spat. Sie dürfte in der 1. Hälfte des 19. Jh. entstanden sein. Die Entfernung bis zum Kreuz des Wegweiser Stehenden mit dem Einhorn Spat beträgt 193 Lr. (382 m).
Bergbaukalender 2006 - November

Monat November
Tiefer Hilfe Gottes Stolln [Obergruna)
Der Tiefe Hilfe Gottes Stolln hat sein Mundloch im Muldental bei Obergruna. Er wurde zwischen 1789 und 1812 angelegt und entwässerte u. a. die Grube Gesegnete Bergmannshoffnung. Diese war im 19. Jahrhundert die nördlichste große Grube des engeren Freiberger Reviers. An der Grubenfeldgrenze zwischen dem Tiefe Hilfe Gottes Stolln und der Gesegneten Bergmannshoffnung befindet sich eine große, aus Sandstein gefertigte Markscheidetafel.
Im Jahre 1825 wurde durch das Königliche Oberbergamt und die Landstände der Beschluss gefasst, den Tiefe Hilfe Gottes Stolln als landständischen Stolln bis in die an der Mulde weiter südlich liegenden Gruben zu verlängern. Der Verstufungspunkt, an dem man eine mit zahlreichen Informationen versehene Sandsteintafel einsetzte, befand sich in der Nähe des Steyerschachtes der Grube Gesegnete Bergmannshoffnung. Den neuen Stollntrakt nannte man Treue Sachsen Stolln.
Bergbaukalender 2006 - Dezember

Monat Dezember
Rothschönberger Stolln [Rothschönberg)
König Friedrich August II. von Sachsen (*1797 ✝1854) befuhr am 25. August 1852 den 1844 begonnenen Rothschönberger Stolln von dessen Mundloch aus bis vor Ort. Wegen eines Sandeinbruches (1851) nordöstlich des 1. Lichtlochs war zu diesem Zeitpunkt die Verbindung zwischen dem Stollnmundloch und dem 1. Lichtloch noch nicht hergestellt. An den Besuch des Königs erinnert eine etwa 1,0 mal 1,3 Meter große, aufwendig gestaltete Sandsteintafel.


Kalenderrückseite mit Bildbeschriftungen
Texte: Matthias Bachmann, Jens Kugler

© König & Kugler, 2005

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